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Lieber Tim, wir freuen uns, dich als neues Mitglied in der CHANCEN eG zu begrüßen! Du wirst ab Januar 2019 ein Bootcamp am Data Science Retreat in Berlin absolvieren. Was hast du denn vor dem Data Science Retreat gemacht?

Ich habe erst in Deutschland Umweltwissenschaften und Philosophie studiert und dann in Schweden einen internationalen Master in Sustainability Science abgeschlossen. Daneben habe ich mich schon eine Weile mit Programmieren beschäftigt und begonnen, mich für Verknüpfungen zwischen Data Science und Umweltfragen zu interessieren.

Du hast für deine Masterarbeit schon viel mit Daten gearbeitet. Kannst du für Nicht-Experten beschreiben, was du da gemacht hast?

In meiner Masterarbeit ging es um Anwendungsmöglichkeiten von Big Data zur Messung von Nachhaltigkeitsindikatoren – das ist momentan ein großes Thema bei den UN Nachhaltigkeitszielen (SDGs). Dazu galt es, an die 500 Dokumente auszuwerten – von Hand kaum noch möglich. Deswegen habe ich einen Text Mining Ansatz entwickelt, um für meine Forschungsfragen relevante Textpassagen zu finden und thematisch zu sortieren. Das war noch kein Machine Learning, aber ein sehr nützliches Werkzeug, mit dem man nach mehreren Schlüsselwörtern, die in unmittelbarer Nähe auftreten, suchen kann. So konnte ich alle 232 Indikatoren der SDGs in meine Analyse berücksichtigen. Die so gefundenen Passagen habe ich anschließend  qualitativ ausgewertet. Diese Verbindung von qualitativer, analoger Forschung und automatisierter, quantifizierbarer Analyse war mir wichtig, denn zentral in meiner Arbeit waren auch die problematischen blinden Flecken von Big Data.

Warum hast du deinen Master eigentlich in Schweden gemacht?

Ich hatte bereits vorher während eines Austauschjahres gute Erfahrungen mit dem schwedischen Universitätssystem gesammelt. Zudem  gibt es meinen Wunschmaster nur im schwedischen Lund. Mein Programm dort war stark interdisziplinär: Nachhaltigkeitssfragen sind wir immer direkt aus verschiedenen Blickwinkeln zugleich angegangen, was ihre ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Aspekte angeht. Auch  ist das Programm sehr international. Meine Mitstudierenden kamen aus mehr als 20 Ländern. Wir hatten eine sehr intensive Zeit zusammen, von der wir viel mitgenommen haben.

Warum hast du dich im Anschluss an den Master für einen Kurs am DSR entschieden?

Nachdem ich meine Masterarbeit über die Verbindung von Big Data und Nachhaltigkeitsfragen geschrieben hatte, wurde mir klar, dass ich mich stärker und vor allem praktisch auf dieses Gebiet konzentrieren will. DSR ist für mich die beste Option, in kurzer Zeit genau die Techniken zu lernen, die ich dafür brauche. Ich habe vorher schon viel mit Onlinekursen gelernt.  Aber DSR gibt mir zudem die Möglichkeit, zusammen mit Anderen direkt von Expert*innen praktisch zu lernen und ein eigenes Projekt durchzuführen. So lerne ich doch am besten.

Klingt super! Was sind deine Pläne für nach dem Bootcamp?

Nach dem Bootcamp möchte ich meine neu gewonnenen Fähigkeiten in Machine Learning auf Nachhaltigkeitsprobleme anwenden. Beispiele: Extremwetterereignisse besser vorhersagen und lokal angepasste Antworten entwickeln, Produktionsketten automatisch evaluieren und nachhaltigkeitsrelevante Verbesserungspotentiale erkennen, Transportnetzwerke und -mittel designen, die sich an den Bedürfnissen von Menschen orientieren und gleichzeitig umweltschonender sind – es gibt unzählige Anwendungsmöglichkeiten und immer mehr Unternehmen und Organisationen die sich genau darauf spezialisieren, wie Flowminder oder die UN Initiative Global Pulse. Langfristig überlege ich, eine eigene Beratung zu gründen, die sich auf die Anwendung von Data Science in solchen Fragen spezialisiert.

Data Science ist ja ein zweischneidiges Schwert. Wie kann Big Data genutzt werden, um positive Veränderungen in der Gesellschaft zu schaffen? Und wie können wir uns deiner Meinung nach vor negativen Konsequenzen schützen?

Um etwas zum Besseren zu verändern, muss man wissen, welche Faktoren wie eingebunden sind. Nachhaltigkeitsprobleme sind komplexe globale Verstrickungen von ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen, die sich an verschiedenen Orten und Zeiten völlig anders niederschlagen und immer weniger vorhersagbar werden. Um funktionierende Strategien zu entwickeln, müssen wir unzählige Faktoren oft in Echtzeit berücksichtigen – Menschen verlieren dort den Überblick. Big Data kann uns helfen, hier Zusammenhänge zu erkennen und bessere Entscheidungen zu treffen.
Gleichzeitig werden momentan persönliche Daten gesammelt, die zu viel über einzelne Personen preisgeben und die uns in einer Weise beeinflussbar und überwachbar machen, die für eine demokratische Gesellschaft gefährlich sind. Die neue Europäische Datenschutzrichtlinie ist ein erster Schritt, Menschen hier Kontrolle zurückzugeben. Ich bin der Überzeugung, dass wir auch direkt im Design von Technologie ansetzen müssen – persönliche Informationen werden oft vorauseilend passiv abgegriffen, obwohl das nicht zwingend notwendig und einfach vermeidbar wäre. Die meisten gesellschaftlich nützlichen Anwendungen sind auch mit aggregierten Daten möglich – in solchen kann ein einzelnes Individuum nicht mehr wiedererkannt werden. Und dort, wo persönliche Informationen unabdingbar sind – zum Beispiel im Gesundheitssystem -, müssen sie gut geschützt werden.

 

Wenn du schon dabei bist, Tipps zu geben – welche Tipps hast du für nachhaltige Startups, wenn es um Konfliktmanagement geht? Dazu hast du ja für deine Bachelorarbeit geforscht…

Das hat sich daraus ergeben, dass ich Assistent in einem Forschungsprojekt war, das sich mit zivilgesellschaftlichen Beiträgen zu nachhaltiger Stadtentwicklung beschäftigt hat. Ausgangspunkt  war die Frage, wie wir Zusammenarbeit besser organisieren können, wenn wir, wie die in der Arbeit interviewten Aktivist*innen und Entrepreneure, in kurzer Zeit viel verändern wollen. Wenn man die Welt retten will, ist ein guter Kompromiss eben meist nicht gut genug. Aber an den eigenen Idealen festzuhalten, muss nicht zwingend Konflikt bedeuten. Insofern: Schafft Räume, in denen sich unterschiedliche Sichtweisen erst einmal gegenüberstehen können. Sucht nicht voreilig nach Einstimmigkeit – dies schafft im Zweifelsfall nur trügerische Harmonie. Aber lasst euch von bestehenden Differenzen auch nicht entmutigen, sondern bleibt weiterhin offen für Gemeinsamkeiten. Und wenn es doch keine gibt, dann arbeitet um Widerstände herum – schafft neue Umstände, aus denen sich dann wieder andere Möglichkeiten ergeben können.

Warum hast du dich für eine Finanzierung deines Bootcamps über die CHANCEN eG entschieden?

Ohne finanzielle Hilfe wäre es für mich nicht möglich gewesen, diesen nächsten Schritt zu gehen. Was mich an der CHANCEN eG überzeugt hat, waren die Transparenz und die Flexibilität des Zahlungsmodells. Das Modell des Umgekehrten Generationenvertrags hat mich überzeugt, dass es hier wirklich um Bildungsförderung geht. Ich bin froh, dass ich ein Teil davon sein kann.

Vielen Dank für deine Rückmeldung und das Gespräch, wir sind gespannt darauf, wohin es dich nach dem Bootcamp verschlägt!

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