Seit diesem Jahr gibt es den CHANCEN Sozialausschuss. Seine Aufgabe ist es, allen unseren ehemaligen Studierenden eine faire Rückzahlung zu ermöglichen und „Härtefälle“ zu berücksichtigen. Gesundheitliche oder familiäre Probleme können etwa dazu führen, dass eine Rückzahlung temporär nicht zumutbar ist, obwohl das Einkommen über dem vertraglichen Mindesteinkommen liegt. Ob einer vorübergehenden Befreiung von Rückzahlung stattgegeben wird oder nicht, entscheidet der Sozialausschuss.
Gelebte Solidarität – wie wir für eine faire Rückzahlung sorgen
Für viele berufstätige Rückzahler*innen ist die Rückzahlung des UGV-Vertrages leicht: Wenn das Jahreseinkommen die Mindesteinkommensgrenze (aktuell 27.000 Euro brutto) übersteigt, wird monatlich ein Anteil dieses Einkommens von dem Konto abgebucht. Dabei bleibt im Regelfall ausreichend Budget für alle alltäglichen und gelegentlichen Ausgaben übrig. Doch was ist, wenn man zum Beispiel ausreichend verdient, aber aus gesundheitlichen oder familiären Gründen hohe zusätzliche Ausgaben hat? Beispiel: Nach einem abgebrochenen Medizinstudium startet ein vormaliger Studierender eine Karriere in einem Start-up im Gesundheitswesen. Das Jahreseinkommen beträgt 36.000 EUR brutto. Er plant, im darauffolgenden Jahr ein neues Studium aufzugreifen. Allerdings erkrankt die Mutter des Studierenden und benötigt finanzielle Hilfe ihres erwachsenen Kindes, um neben den medizinischen Kosten ihre zwei weiteren minderjährigen Kinder zu versorgen. Monatliche Zahlungen über 500 Euro an die Mutter sind für sechs Monate nachweisbar. Aufgrund seines Bruttoeinkommens ist dieser Studierende grundsätzlich verpflichtet, einen monatlichen Betrag in Höhe von knapp 130 Euro zurückzahlen. In dieser Situation tritt der Studierende an die CHANCEN eG heran und legt seine Situation dar. Ist eine Rückzahlung unter diesen Umständen sozial vertretbar?
Rein vertraglich sind Ausnahmen hier nicht möglich, wenn die Einkommensbedingungen erfüllt werden. Um gleichwohl allen unseren ehemaligen Studierenden eine faire Rückzahlung zu ermöglichen und ‘Härtefälle’ der Absolvent*innen zu berücksichtigen, gibt es seit diesem Jahr den Sozialausschuss, der über Anträge entscheidet, bei denen eine schwerwiegende gesundheitliche, familiäre, soziale oder finanzielle Herausforderung vorgetragen wird. Wir wollen damit verhindern, dass unsere Mitglieder durch UGV-Rückzahlungen in eine schwierige Lage gebracht werden.
Der Sozialausschuss entscheidet, ob Rückzahlungen vorübergehend ausgesetzt, reduziert oder gestundet werden können. Da jede Situation anders ist, werden faire Lösungen individuell erarbeitet. Dabei setzen wir auch auf die Erfahrungen des Sozialausschusses der Studierendengesellschaft Witten/Herdecke, der uns hier berät.
Um die Interessen der Investor*innen und der Geförderten ausgewogen zu berücksichtigen, setzt sich der Sozialausschuss aus Aufsichtsratsmitgliedern, Studierenden und Absolvent*innen der CHANCEN eG zusammen. Der Vorsitzende unseres Aufsichtsrates, Caspar-Fridolin Lorenz, bringt seine langjährige UGV-Erfahrung ein, während Aufsichtsratsmitglied David Reichwein den Sozialausschuss mit juristischem Know-How unterstützt. Als geförderte Studierende kennen Hasan Güzel, Kubrom Tzeggai und Liv Reinhold die CHANCEN eG und all ihre Prozesse durch ihre eigene Ausbildung. So können sie sich gut in die Situation der Antragsteller*innen hineinversetzen. Damit auch immer frischer Wind weht, werden die studentischen bzw. rückzahlenden Mitglieder auf jeder Jahresversammlung neu gewählt. Caspar-Fridolin Lorenz und David Reichwein sind für die Dauer ihrer Aufsichtsratstätigkeit berufen. Weiterhin steht dem Gremium Reginie Sunder Raj bis auf weiteres als Antidiskriminierungsbeauftragte in beratender Funktion zur Seite. Mehr über die aktuelle Besetzung können Sie unten in den Infoboxen über die studentischen Mitglieder finden oder auf unserer Website lesen.
Doch was genau passiert im Sozialausschuss? Zur Vorbereitung der Sitzungen bereitet das Rückzahlungs-Team der CHANCEN eG die aktuellen Härtefallanträge auf und trägt diese dem Sozialausschuss vor. Im ersten Jahr wird der Ausschuss voraussichtlich alle zwei bis drei Monate tagen, wobei sich mit steigender Anzahl der Rückzahler*innen die Frequenz vermutlich im Laufe der Zeit erhöhen wird. Die ersten drei Sitzungen fanden bereits statt: Am 14. September nahm der Ausschuss seine Arbeit auf, pandemie-bedingt virtuell. Nun erstellt der Sozialausschuss Richtlinien, anhand derer zukünftige Anträge beurteilt werden können, denn bislang liegen noch keine Anträge vor. Zudem erhalten die Ausschussmitglieder ein Sensibilisierungstraining, um unbewusste diskriminierende Entscheidungen zu vermeiden. Wir bedanken uns für das ehrenamtliche Engagement der Ausschussmitglieder: Dies trägt dazu bei, unseren UGV noch sozialverträglicher zu machen.
Mitgliedervorstellung